Dar es salam, der Weg ist das Ziel

Wir fahren ins Rehazentrum Dar es Salam. Wir, das sind drei Herren und ich. Mein Französisch ist mäßig, ihr deutsch nicht existent. Der eine, Silvestre, ist der Chef der Gruppe. Er hat auch im Zentrum eine Führungsposition. Der Fahrer ist Francois-Martin, ein schon älterer Herr. Der dritte, Matthieu, ist vielleicht Anfang 30, lebt seit ca. 9 Jahren in St. Camille und wirkt etwas hyperaktiv.

Schon der Start misslingt, der Motor springt nicht an. Mathieu schlägt mit einem Schraubenzieher auf die Kontakte der Batterie und wundersamerweise springt der Motor an. Der Trick funktioniert später wieder. Getankt wird um die Ecke mit laufendem Motor. Dann fahren wir zum Tierfuttermittelladen. Körner für die Hühner , die im Zentrum gehalten werden. 20120512-145013.jpg

Das Aufladen der ca. 15 Säcke ist eine größere Aktion, doch schließlich ist auch das erledigt und wir setzen uns wieder in Bewegung.

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Bouakė ist eine große Stadt, jedoch nicht in unserem Sinne, mit hohen Häusern und Stau, sondern in der Fläche ausgebreitet. Ein paar breite geteerte Straßen ziehen sich durch die Stadt, rechts und links davon rote Sandpisten, die zum Stadtrand hin immer mehr ausgewaschenen Flussbetten ähneln. Trotzdem sind die Wohnviertel nicht notwendigerweise schlecht- nur die Reihenfolge der Erschließung ist umgekehrt wie bei uns. Hier wird erst das Grundstück verkauft, das man dann selber rodet, dann baut man das Haus. Strom wird wie in unseren Dörfern auf Masten heran geleitet. Wasser gibt es auf dem Grundstück, wenn man genug Geld hat, einen Brunnen zu graben. Und die Straßen- nun, die kommen vielleicht in den nächsten Jahren, wenn die Regierung Geld und Zeit findet, sich darum zu kümmern.
Aber zurück zu unserer Fahrt: auf so einer rotsandigen „Strasse“ geht es also an den Stadtrand, und in dem Moment, in dem ich mich frage, wie wir in der Rinne vor uns durchkommen sollen, biegen wir durch ein Tor in das Gelände von Dar es Salam ein.
Verstreut stehen ein paar uralte Häuser, eher Baracken zwischen hohen Mangobäumen und Akazien. Ein Acker mit Mais, ein zweiter mit Maniok, 4 Hühnerställe. In drei der Ställe leben etwa je 80 Hühner, die vom Küken zur Legereife hier aufgezogen werden. Dann werden manche direkt verkauft, andere legen Eier, die durch den Verkauf wiederum einen kleinen finanziellen Beitrag zum Erhalt der Einrichtung leisten.

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Bei dieser Besichtigung gibt es keine offizielle Begrüßung, keinen Gesang. Die Herren, die mich herumführen, alles Patienten, die teilweise organisatorische Aufgaben übernommen haben, sind genauso unsicher wie ich. Einer spricht etwas englisch, er übersetzt, wenn ich nicht weiter weiss, und lockert die Atmosphäre etwas auf. Als sie hören, dass in diesem Moment in Deutschland eine Tagung von Krankenhausseelsorgern und man dort auch über sie spricht, sind sie sehr bewegt und kommen gerne mit auf das obligatorische Foto.

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Dies ist die Küche, in der einmal am Tag Frauen von außerhalb Essen zubereiten. Im Unterschied zu den anderen Zentren gibt es hier noch die alten Feuerstellen. Zwischen die drei Kegel wird ein brennender Baumstamm geschoben, der Topf draufgestellt, der Baumstamm nach Bedarf weiter vor geschoben oder am Ende des Kochvorgangs herausgezogen und gelöscht. Einerseits clever, andererseits wenig effektiv, der Verbrauch an Holz ist hoch bei geringem Brennwert. Ein neuer eiserner Herd würde hier schon weiterhelfen.

Auf diesem Gelände ist weiter hinten noch viel Platz. Die Frauen vom CHU kommen hier jeden Tag her und beackern ein Feld mit Mais, eventuell werden hier in den nächsten Jahren neue Häuser gebaut, um die jetzige Frauenklinik zu entlasten (was dringend notwendig wäre) Allerdings müssen ca. 200.000,- Euro erst einmal aufgebracht werden! (Sollte Herr K. Schneider die Leitung des Projekts übenehmen, wäre es vielleicht auch günstiger zu machen. Wie wäre es? (kleiner Gruß an die PP.rt… 😉 ).)

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Ein Land nach dem Krieg

Bei uns in Deutschland sind letztes Jahr die Nachrichten angekommen, dass es Kämpfe gibt zwischen den Truppen des alten und den neuen Präsidenten. Für kurze Zeit rückte die Elfenbeinküste in unser Bewusstsein.

Was war geschehen? Es hatte eine Wahl gegeben, der alte Präsident war abgewählt, weigerte sich jedoch, zurückzutreten. Erst mit massivem Eingreifen der UN wurde er gefangen genommen und der neue Präsident konnte sein Amt antreten. Seitdem ist es ruhiger geworden. (Ich glaube, dies ist die kürzeste Fassung der komplexen Entwicklungen hier im Land, aber ich werde mich hüten, in die genaueren politischen Verwicklungen einzusteigen. Das ist eine undurchschaubare Geschichte).

Man könnte meinen, dass ein paar Monate Aufstand nicht so schlimm sein können. Doch hier erfuhr ich, dass seit 10 Jahren Krieg herrschte im Land und die Wahlen das Ende dieses Krieges einleiteten.

Die Elfenbeinküste war einmal ein gut entwickeltes Land mit Universitäten, Schulen, Infrastruktur etc. Jetzt ist davon nicht mehr viel zu sehen. Was man sieht sind Strassen, die voller Löcher sind, ärmliche, niedrige Häuser. Einzelne Wohnhäuser mit bis zu 6 Stockwerken sind kapputt und stehen leer, Geschäfte sind als solche kaum zu erkennen. Die Anlagen derer, die etwas mehr haben, sind mit hohen Mauern und Wachpersonal umgeben, immer wieder sieht man Autos der UN auf den Strassen. Von den internationalen Organisationen, ob regierung- oder nichtregierung, haben die meisten ihre Mitarbeiter während der Kriegsjahre abziehen müssen. Nur wenige sind geblieben. Doch langsam kehren sie zurück. Doch immernoch sind weiße Gesichter hier eine absolute Seltenheit, das war einmal anders.

Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass in den Trümmern, die der jahrelange Krieg hinterlassen hat, das Leben wieder keimt. Die Universität hat ihre Arbeit wieder aufgenommen, zwar nicht in vollem Umfang, wie es vollmundig von der Regierung versprochen wurde, aber immerhin. Die Kinder gehen zur Schule (wenn die Lehrer nicht gerade streiken, weil sie versprochene Gelder immer noch nicht bezahlt bekommen haben).

Ich muss gestehen- ich habe mir keine Gedanken darüber gemacht, bevor ich hierher kam. Hier kommt man nicht drumherum, sich Gedanken zu machen.

Was am beeindruckensten für mich ist, ist die Ruhe, die von den Menschen insgesamt ausgeht. Es steckt auch eine Menge Fatalismus und Desillusionierung drin. Und eine Art Anarchismus. Der Glaube an die Regierung ist dahin, man sieht selber, so gut es geht, wie man wieder auf die Beine kommt.

Umso wichtiger und motivierender sind deshalb auch gerade die Aktivitäten des Austauschs mit anderen Ländern. Aus den USA kommen junge Menschen über eine kirchliche Organisation hierher. Sie wollen anpacken, „etwas tun“, und scheitern doch zunächst an Sprache und Kultur. Deshalb werden sie nach einer gewissen Vorbereitung in ansässigen Familien untergebracht, leben das normale Leben mit, lernen die Kultur und die Sprache. Und entwickeln dadurch einen wirklichen Sinn dafür, was Not tut und wo sie sich sinnvoll einbringen können.

Im Unterschied zu unseren normalen Austauschprogrammen, die meistens eher von Mittel- und Oberschichtfamilien durchgeführt werden, kommen die jungen Menschen hier auch zu ganz einfachen Familien. Manchmal gibt es in den Häusern weder Strom noch fließendes Wasser. Sie müssen mit den anderen das Wasser zum Waschen vom Brunnen holen, gekocht wird ohnehin meistens auf Holz bzw. Kohle über einfachsten Feuerstellen.

Auf der anderen Seite gibt es die Städtepartnerschaft zu Reutlingen und damit zusammenhängend eine Schulpartnerschaft. Abama Coulibaly war schon mehrfach in Reutlingen und hat auch schon Schüler zu Projekten mitgenommen. Sie lernen mit der deutschen Sprache auch deutsche Umgangsformen, deutsches Denken. Was für uns einen seltsamen Klang haben kann, ist hier etwas, das den Horizont öffnet. Durch die Partnerschaft konnten Computer angeschafft werden. Die Schüler kommunizieren mit ihren Partnern in Reutlingen, tauschen sich zum Beispiel aus über die jeweilige Jugendsprache. Aktuell ist ein Theaterprojekt in Vorbereitung. Endlich einmal sollen die Deutschen nach Bouaké kommen (bisher war es umgekehrt), doch es könnte sein, dass es an ca. 5000,- Euro scheitert (siehe Zeitungsartikel kürzlich im GEA).

Ja, es ist wichtig, dass Europäer den Schritt hierher wagen, nicht nur von Ferne operieren und sich dann womöglich noch beklagen, wenn ihre Gelder nicht in ihrem Sinn eingesetzt werden. Es ist ein enormes Zeichen, das man setzen kann, indem man sich auf den Weg macht, eigene Anstrengungen in Kauf nimmt. Den Menschen hier damit Wertschätzung entgegen bringt. Ja, auch ich mache diese Erfahrung. So schwierig es teilweise ist, schon jetzt, in den ersten Tagen, ich glaube, dass man ernster genommen wird, wenn man sich auch physisch eingebracht hat, anwesend, anfassbar ist. Und möglichst nicht nur einmal.

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Erste Patientin

Schon im Auto auf der Fahrt nach Bouaké begegne ich meiner ersten Patientin.

Gregoire hat Soulange, wie sie sich nennt (an anderer Stelle gibt sie einen anderen Namen an), auf einer Strasse in Abidjan aufgegriffen. Er war von Menschen informiert worden, dass sie auf der Strasse schlafe und aus Mülltonnen esse. Sie war gerne mitgekommen.

Im Auto befragt Gregoire sie, einfühlsam, freundlich, ein vorbildliches psychiatrisches Erstgespräch und hervorragende Fortbildung für mich. Sie berichtet, dass sie aus einem kleinen Dorf stamme. Ihr Vater sei schon vor längerer Zeit weggegangen nach Abidjan, sie sei ihm in die Stadt gefolgt. Angeblich sei er jedoch gestorben, genauso wie ihre Mutter. Sie habe noch Brüder und Schwestern, aber zu ihnen bestehe kein Kontakt, sie wisse nicht, wo sie seien. Sie habe wohl eine zeitlang die Schule besucht, habe aber noch nicht gearbeitet, sie wisse noch nicht, was für einen Beruf sie ergreifen wolle. Sie sei 16 Jahre alt, habe keine Kinder. Die könne gut schlafen, habe keine Halluzinationen. Sie habe in Abidjan mal hier, mal dort geschlafen und sich aus Mülltonnen ernährt.

Dazu die Ausführungen von Gregoire:

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass beide Eltern verstorben sind und keine anderen Familienangehörigen sich ihrer angenommen haben. Auch, dass kein Kontakt zu den Geschwistern bestehe, sei eher ungewöhnlich. Man müsse wohl davon ausgehen, dass sie aufgrund einer psychischen Erkrankung von der Familie verstoßen worden sei. Auch sei es ihrem Körperbau nach wahrscheinlich, dass sie schon ein Kind geboren habe. Was genau ihr Problem sei werde man in den nächsten Tagen im Zentrum herausfinden. Er werde versuchen, Familienangehörge zu finden, doch das sei in diesen Fällen eher schwierig.

Am folgenden Tag begegne ich ihr in der Klinik. Sie freut sich, mich zu sehen, es gehe ihr soweit gut, sie scheint sich gut einzufinden.

Trotz der für unsere Augen extrem schwierigen Verhältnisse an diesem Ort ist es hier doch so etwas wie ein Zuhause, es gibt Essen, einen sicheren Schlafplatz und Menschen, die sie nicht wegen seltsamer Verhaltensweisen wegschicken oder misshandeln.

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Frauenklinik

Der Empfang in der Frauenklinik war ebenfalls überwältigend. Ich musste vor den Frauen Platz nehmen und sie sangen und tanzten zu meinem Willkommen. Dann musste ich erneut „die Neuigkeiten“ berichten, also den Grund für meine Anwesenheit. Nachdem ich sagte,dass ich gekommen sei, um zu schauen, wo Hilfebedarf sei und wie zum Beispiel Hilfsgelder am sinnvollsten eingesetzt werden könnten, waren sie kaum noch zu stoppen. In der Küche gibt es zwar, wie in der Männerklinik, schon richtige Öfen (d.h., es wird nicht mehr auf einfachen Ziegeln gekocht, sondern die Töpfe stehen auf eisernen Vorrichtungen), doch das Dach ist undicht und wenn es regnet, wird alles, was darunter gelagert ist, nass. Die sanitären Einrichtungen bestehen aus 3 Wasserhähnen über einer langen Wasserrinne, hier waschen sich die Frauen selber genauso wie ihre Wäsche. Die Toiletten habe ich nicht gesehen, aber dafür die Latrinen, die sich außerhalb des Geländes, direkt an kleinen Feldern befinden. Der Abfluss ist schlecht und die Löcher sind nicht abgedeckt, immer wieder passiert es, dass jemand hinein fällt.

Es gibt einen Empfangsraum für die Aufnahmen und ein Arztzimmer, ähnlich wie bei uns, sowie eine Apotheke.

Es gibt zwei Schlafräume, ansonsten dient die zentral stehende Kirche sowohl als Versammlungsraum als auch zum Schlafen.

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Frauenklinik Bouakė

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Alle wollen mit auf das Bild

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Dies war die Krankenhauskirche der Universitätsklinik. Die Kirche mit den Gebäuden drumherum wurde Gregoire für St. Camille zur Verfügung gestellt. Hierher kamen die ersten Patienten, die ersten Menschen, die von ihm aus den Ketten befreit wurden. Später wurde das Gelände „Nimbo“ bebaut, wo jetzt die Männer untergebracht sind.

Die Kirche dient heute tagsüber als Versammlungs- und Aufenthaltsraum, nachts als Schlafsaal.

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Zur Begrüßung wir gesungen und getanzt, dann muss ich „die Neuigkeiten geben“, d.h mich vorstellen und von dem Ziel meiner Reise berichten. Dann gibt es erneut Tanz und Gesang und viel Dank von beiden Seiten.

Die Frauen sind gesundheitlich sehr viel stärker beeinträchtigt als die Männer. Ich kann bisher nur vermuten, dass es mit der komplexen Misshandlung zusammenhängt, der sie ausgesetzt waren. Zunächst einmal ist es noch sehr üblich, dass die Frauen beschnitten werden, was zu lebenslangem Leid führt. Dann kommt die Krankheit, sie werden von ihren Familien verstoßen oder angekettet, in den Ketten wiederum hungern sie, werden gehänselt, geschlagen und vergewaltigt. Wenn sie endlich im Zentrum ankommen, verhindern die vielen Tabous dieser Gesellschaft eine vollständige Aufarbeitung. Auch hier gibt es Männer, die hier arbeiten und wenig Verständnis zeigen für die spezifische Situation der Frauen, ausgebildetes Fachpersonal für psychisch Kranke gibt es nicht. Die einzige Krankenschwester vor Ort ist est seit wenigen Wochen da und gibt sich Mühe, doch was nicht in Worte zu fassen ist, kann auch nicht gelehrt werden. Der Arzt kommt 1x pro Woche, auch er soweit ich bisher herausfinden konnte, eher angelernt in Bezug auf Psychiatrie, nicht im engeren Sinne ausgebildet.

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Hier befinden sich die Apotheke, zwei Schlafräume und das Behandhandlungszimmer

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Die Waschmöglichkeit

3 Wasserhähne in der Wand, davor eine Rinne, in der die Wäsche gewaschen wird und die Frauen sich waschen können bzw. sich Wasser holen. Duschen gibt es hier noch nicht.

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Die Kliniken

Jetzt bin ich wirklich angekommen. Heute habe ich die drei Zentren von St. Camille in Bouakė besucht. Erst die allgemeine Klinik, was soviel heißt wie Ambulanzen für Zahn-, Augen- und Allgemeinmedizin, mit einer Schwerpunktambulanz für HIV/AIDS.
Gregoire hieß mich im Kreis der Verwaltung willkommen und ich stellte mich vor. Dann ging es nebenan, aber durch hohe Mauern getrennt, zur psychiatrischen Männerklinik.
Hie wurde ich mit Gesang einer großen Gruppe Patienten begrüßt- es war überwältigend. Es wurde gesungen, getrommelt, getanzt, ich musste auf einem Sessel Platz nehmen und von meinem Anliegen berichten. (Als Gast ist man verpflichtet, nach der ersten Begrüßung „Neuigkeiten“ mitzuteilen.) Dann folgte eine lange Ansprache des Leiters der Klinik, der selber einmal Patient und mehrere Jahre angekettet war. Er berichtete von seiner Lebens- und Leidensgeschichte, und wie er schließlich gerettet und hierher gebracht worden war. Seine Dankbarkeit, im Zentrum nicht nur seine Gesundheit, sondern vor allem seine Würde wiedererlangt zu haben, war sehr berührend.

Hier im Centre d’Accueil, wie die psychiatrischen Kliniken heissen, wird noch kräftig gearbeitet. Im letzten Jahr ist hier mit Geldern aus Reutlingen renoviert und neu gebaut worden. Nächste Woche ist die offizielle Einweihung und es gibt noch einiges zu tun. Die Bewohner profitieren jedoch jetzt schon von den neuen Schlafräumen, der neuen Küche, den Sanitärräumen. Über 200 Männer wohnen hier, manche erst seit kurzem, andere schon seit mehreren Jahren. Manche kommen (wie bei uns), um in Krisen behandelt zu werden, um nach Pausen in der Medikamenteneinnahme wieder neu eingestellt zu weren. Andere haben keinen Ort, an den sie gehen können, sind von den Familien verstoßen und bleiben hier.

Was die Erkrankungen angeht, so zeigt die Blickdiagnose das gleiche Bild wie bei uns, wobei die Abhängigkeitserkrankungen fehlen. Patienten mit geistigen Behinderungen, Schizophrenien und posttraumatischen Erkrankungen dominieren, Angsterkrankungen und Depressionen sind wohl auch zu finden.

Im Anschluss an die Besichtigung geht es weiter nach Belleville. Ja, der Name sagt alles. Ein Traum einer Klinik, nicht nur aus afrikanischer Sicht. Dies ist eine Einrichtung für Frauen, die schon stabil sind und in der Mehrzahl Kinder haben. Die Frauen lernen hier die Alltäglichkeiten des Lebens wieder zu ergreifen („Sozialtherapie“) und haben die Möglichkeit, sich im Nähen, Kochen/Backen und als Friseurin ausbilden zu lassen.

Für die Kinder gibt es einen Kindergarten, in dem auch schon eifrig gelernt wird sowie eine Grundschule. Die Kinder umringen uns und lassen uns gar nicht mehr los, Kontakt- und Lebensfreude bekommt hier eine ganz neue Definition.

Insgesamt leben hier 45 Frauen und ca. 20 Kinder, am Unterricht nehmen auch Kinder aus dem Ort teil. Die Anlage ist etwas außerhalb gelegen, ruhig, großzügig, ein Stückchen Schweiz in den Tropen (die Geldgeber für dieses Projekt kommen aus der Schweiz…). Die hauptamtlichen Leiterinnen sind Nonnen, zu denen wir auch prompt zum Mittagessen eingeladen werden. Lecker!

Der letzte Punkt des Tages war die Frauenklinik, das Centre d’Acceuil auf dem Gelände der CHU, der Univesitätsklinik. Größer könnte der Kontrast zum vorigen Projekt nicht sein.

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Gregoire (links) in Beratungen mit seinen Mitarbeitern, fast alles ehemalige psychiatische Patienten, die jetzt Aufgaben in der Verwaltung und in der Betreuung der Kranken übernehmen.

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Die Anlage von Belleville

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Auch hier werden wir mit Gesang begrüsst. Die Frauen arbeiten in der Näherei.

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Die Kinder sind begeistert vom Besuch. Sie lassen sich gerne fotografieren-

erst eins-

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dann zwei

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dann immer mehr.

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Siie begleiten uns während des gesamten Rundgangs, hängen an unseren Händen, erzählen, fragen, sagen spontan Gedichte auf, die sie gelernt haben.

Auf der Autofahrt durch die kleinen Viertel kommen immer wieder Schwaren von Kindern angelaufen und rufen und winken, wenn sie die „Weisse“ sehen. Sie freuen sich dann, wenn ich zurückwinke. Das wars. Erstaunlicherweise- oder nur hier in der Stadt? Ich weiss es noch nicht- gibt es kein Betteln um Bonbons oder Geschenken, wie ich es zum Beispiel aus Ägypten kannte.

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Fahrt nach Bouakė

Um kurz nach neun wurde ich von Gregoire und einem Begleiter im Hotel abgeholt, dann ging es durch die Stadt und hinaus auf die Autobahn. Rechts u Links unendliche, dichte Wälder, in intensivstem Grün. Teilweise wilder Mischwald, dann aber auch Kautschuk-Monokulturen. Nach ca. 100 (von insgesamt 350) km geht die Landschaft in Savanne über und die Straße in eine immer einfacher werdende Landstraße. Es ist wenig Verkehr, am beeindruckendsten die LKWs, hoch beladen, oft mit ziemlicher ladungsbedingter Schräglage, 3 davon sehen wir auf der Seite liegend. Wenig überraschend.
Auf seltsame Weise wirkt alles vertraut.

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Die Vegetation ist wild, die Wolken hängentief, kurz regnet es sogar, dann drückt die Hitze wieder mit über 30 Grad. Doch im Auto gibt es Klimaanlage…!

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Die Lastwagen sind hier meistens völlig überladen und seltsamerweise neigen sie sie alle nach rechts. Da wundert es nicht, dass ab und zu einer umkippt. Andererseits denkt man sich schon: Was für eine Platzverschwendung in Deutschland! Schließlich kann man auf eine normale Ladung durchaus einen Zaun anbringen und eine Herde Ziegen obendrauf transportieren!

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Abidjan

Der erste Eindruck, noch am Flughafen: die Menschen sind sehr freundlich.

Ohne Gelbfieberstempel kommt man noch nicht einmal zur Passkontrolle, unterschiedlichste Uniformierte passen auf die Einreisenden auf, doch sie sind überall in Gespräche vertieft mit Bekannten. Und zwischendurch holen sie alle Familien mit Kindern in die Diplomatenreihe, noch bevor ein Kind in einer längeren Reihe anfängt zu klagen.
Alles läuft gut bei mir und endlich bin ich durch alle Kontrollen durch, Gepäck ist vollständig eingetroffen, und treffe meinen Abholer, der mich durch das heiße, nächtlich-dunkle Abijdan zum Hotel fährt.
In der Residence St. Anne plaudere ich noch ein Weilchen in der feucht-warmen Nachtluft mit anderen Gästen, bis ich meine müden Knochen Richtung Bett in Bewegung setze.
Es fühlt sich gut an, dieser allererste Eindruck!

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Paris

Paris ist eine schoene Stadt- zumindest in meiner Erinnerung. Hier auf dem Flughafen laesst sich das nicht so beurteilen. Aber immerhin kann ich mich schon mal an die franzoesische Tastatur gewoehnen- da ist ja ALLES anders! 😉

Naja, die Sprache ja auch. Passt also irgendwie.

Heute frueh ging’s bei 3Grad auf der Alb los. Sonnenaufgang wunderschoen. Zum letzten Mal fuer die naechsten 18 Tage habe ich es gewagt, auf die Minute genau zu kalkulieren. Hat auch geklappt, ich musste am Flughafen nicht 1 Minute warten! 😉

Jetzt ist das Tempo runter und ich lasse die Dinge etwas ruhiger auf mich zukommen.

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Es kann losgehen

Alles ist gepackt, noch eine letzte Nacht zuhause, dann geht es los. Hier zeigen sich nach viel Regen die Sterne, es sind kühle 8 Grad.

Morgen früh um 7:20 (!) von Stuttgart nach Paris und nach 5 Std. Aufenthalt weiter nach Abidjan. Dort ist dann mit ca. 32 Grad zu rechnen…! Wenn alles klappt wie geplant werde ich am Flughafen abgeholt und ins Hotel gebracht. Am nächsten Tag fahre ich dann mit Gregoire nach Bouaké.

Da heisst es nur noch auf Turbulenzarmen Flug hoffen!

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